Freudenstadt: Fliegengitter helfen gegen Handystrahlung - Freudenstadt & Umgebung - Schwarzwaldbote

2021-12-13 09:52:52 By : Ms. Susan Su

Siegfried Blickle warnt vor immer stärkeren Sendern. Er trifft Vorkehrungen in seinem Haus.

Freudenstadt - Er hat WLAN in seinem Haus und hat ein Handy. Dennoch ist Siegfried Blickle aus Freudenstadt ein Kämpfer gegen die immer stärker werdende Handystrahlung. "Da läuft etwas aus dem Ruder", sagt er.

Angefangen hat alles damit, dass Siegfried Blickle ein Fledermausdekor bauen wollte. Er bestellte einen Bausatz und stellte fest, dass dieser mit einem E-Smog-Detektor kombiniert und erweitert werden konnte, um in seinem Haus auf dem Kienberg die Strahlung von elektrischen Leitungen messen zu können. Als Diplom-Ingenieur für Kunststoffwissenschaften, Umform-, Regel- und Steuerungstechnik sowie Funkamateur ist er seit seiner Jugend mit der Materie vertraut. Heute besitzt er Messgeräte, mit denen er auch Handystrahlung über Lautsprecher hörbar machen kann.

Er demonstriert eindrucksvoll, wie die elektrischen Leitungen in den Wänden seines Hauses Strahlung abgeben. Nähert er sich mit seinem Kästchen einer Linie, ist ein lautes Summen zu hören. Hält er ein Fliegengitter aus Metall vor das Rohr, verschwindet es. Blickle hat den Melder mit Antenne weiterentwickelt und kann nun auch Handystrahlung detektieren. Ein relativ leises Krächzen aus dem Lautsprecher im Raum schwillt an, wenn er sich dem Fenster nähert. Öffnet er sie, krächzt der Lautsprecher, fast ohrenbetäubend. „Das ist der Sender im Pflegeheim“, erklärt Blickle. Er kann das Gebäude von seinem Haus aus sehen.

Blickle überprüfte alle Räume seines Hauses und stellte fest, dass die Strahlung allgegenwärtig ist. Nur in einem Anbau, den er 2009 errichtete und als Wohnzimmer nutzte, war das Signal kaum wahrnehmbar. "In unserem Schlafzimmer hat meine Frau schlecht geschlafen, im Wohnzimmer ist sie im Sessel eingeschlafen." Blickle schloss daraus, dass es sich um Handystrahlung handelt und die Strahlung im Wohnzimmer geringer ist. Aber seine Absicht sei es nicht gewesen, die Strahlung im Wohnzimmer zu reduzieren, sagt Blickle. Es ist ein Effekt durch den Einbau neuer Fenster und durch die Wärmedämmung, die eine Metallfolie enthält.

Der Effekt mit dem Fliegengitter funktioniere auch gegen Handystrahlung, sagte Siegfried Blickle durch seine Messungen. So hat er vor etwa einem Jahr Moskitonetze an die Innen- und Außenwände des Schlafzimmers geheftet und verputzt. Außerdem wurden neue Fenster eingebaut. «Seitdem braucht meine Frau einen Wecker zum Aufwachen», lacht Blickle. „Wir erreichen nicht null“, sagt der Ingenieur, aber neue Fenster reduzieren die Strahlung um den Faktor 1000, das Fliegengitter um den Faktor 10.000. „Wenn wir die Fassade begradigen, wird das Fliegengitter auch außen angebracht“, sagt Frau Blickles.

Der Ingenieur hat seine Ausrüstung ständig verfeinert und kann deutlich machen, wo die Funkwellen stark oder schwächer sind. Er macht sein Funknetz im Haus genauso hörbar wie das Tetraradio aus dem Friedrichsturm. "Die Leute werden ständig mit den Strahlen bombardiert", sagt Blickle.

Er ist jedoch kein militanter Gegner des Mobilfunks, sondern warnt vor dem weiteren Ausbau der Übertragungssysteme. "Es sollte in für die Menschen erträglichen Linien zurückkommen", fordert er. Blickle ist mit der Bundes-Immissionsschutzverordnung vertraut und nutzt das Internet für Informationen in der Datenbank der Bundesnetzagentur, die für die Zulassung von Übertragungsanlagen zuständig ist. Laien sagen nichts zu den dort veröffentlichten Zahlen, aber Siegfried Blickle kann sie analysieren und so erkennen, welche Kanäle beispielsweise aufgerüstet wurden. In jüngster Vergangenheit wurden laut Blickle die Kanäle am Möbelhaus Braun, am Stadthaus, am Hüttenteich am ehemaligen Hotel Waldlust und an der Justinus-Kerner-Straße verstärkt.

Auf dem Gebäude in der Hartranftstraße, dessen Übertragungssystem oft zu Diskussionen geführt hat, betrug die Sendeleistung im UMTS-Standard noch 17.000 Watt. Mit LTE ist sie auf 44.000 Watt gestiegen und wird bei Einführung des Mobilfunkstandards 5G voraussichtlich bei rund 73.000 Watt liegen.

„Das geht gegen den Strich“, sagt Siegfried Blickle. "Das nimmt immer mehr zu. Wenn ich rausgehe, bräuchte ich genau genommen einen Strahlenschutzanzug." Mit einer Formel, die Blickle aus einer ihm vorliegenden unveröffentlichten Studie entnommen habe, könne er nachweisen, dass die Sicherheitsabstände zu Mobilfunkanlagen für den Menschen bewusst kleiner bemessen seien, versichert er.

„Es gibt technische Möglichkeiten, die Strahlung deutlich zu reduzieren“, nennt Blickle das St. Galler Modell und die mit Lichtwellen arbeitende VLC-Technologie (siehe Info).

Zusammen mit Hans Lambacher von der Bürgerinitiative Mobilfunk, zu der er auch gehört, war Blickle auf der Insel Mainau und hat sich die VLC-Technologie angeschaut. Er kann auch demonstrieren, wie es zu Hause funktioniert. An einem kleinen Taschenradio hat er einen Modulator angebracht, der die Radiowellen in moduliertes Licht umwandelt. Mit einem Empfänger macht er die Radiosendung wieder hörbar. „Das ist ein alter Hut“, betont Blickle. Er weiß, dass er zusammen mit der Mobilfunk-Initiative einen fast aussichtslosen Kampf gegen die Mobilfunkstrahlung führt, aber er wird nicht müde, der Stadtverwaltung Briefe zu schicken, in denen auf Veränderungen bei den Sendern hingewiesen wird. Nach dem St. Galler Modell könne man die Datenflut bewältigen und die Strahlung reduzieren, sagt Blickle: «So muss man es in Städten machen.»