Gewalt gegen Frauen: Auch Kinder sind Opfer - wien.ORF.at

2021-12-13 09:31:45 By : Ms. lancy liu

Angesichts von rund 30 Femiziden seit Jahresbeginn weist die Kinderschutzorganisation die möwe darauf hin, dass zu wenig über das Schicksal der von Gewalt betroffenen Kinder gesprochen wird. Notwendig sind unter anderem mehr Mittel für die Gewaltprävention in Familien.

Die Kinder sind Überlebende und Hinterbliebene von Tötungsdelikten und viel häufiger Zeugen häuslicher Gewalt, nämlich in mindestens 50 Prozent der Fälle. Coronavirus-Krise und Sperren verschärfen das Problem.

Kinder und Jugendliche brauchen ein Netzwerk aufmerksamer Erwachsener, die sie vor Gewalt in jeglicher Form – körperlich, seelisch, sexuell – schützen, appellierte möwe-Geschäftsführerin Hedwig Wölfl auf einer Pressekonferenz. Im Sinne eines Frühwarnsystems sollen „alle Berufsgruppen, die mit Kindern arbeiten“ in ihrer Ausbildung verpflichtend geschult werden.

Körperliche Spuren von Gewalt sind nicht immer nachweisbar. „Psychische Spuren sind immer da, aber nicht immer sofort sichtbar“, berichtet die St. Pöltner Gynäkologin und möwe-Vorstandsmitglied Sigrid Schmidl-Amman aus ihrer Praxis. Psychische Schmerzen wandeln sich bei Kindern oft in körperliche Schmerzen wie Magen- oder Kopfschmerzen. "Das kann man leichter kommunizieren, also rührt man keine Familiengeheimnisse an."

Ärzte müssen daher bei unerklärlichen Beschwerden „genau hinschauen“. „Man kann Kinder eng nachbestellen, Kontakt halten und Vertrauen aufbauen“ und Betroffene dann an professionelle Hilfe verweisen. niedergelassene Ärzte, Gynäkologen und Kinderärzte könnten „Schlüsselfiguren“ sein. Aber in der medizinischen Ausbildung lernt man zu wenig darüber.

„Nur fünf Prozent der Gefahrenmeldungen kommen aus dem Gesundheitsbereich“, berichtet Schmidl-Amman. Sie forderte, psychosoziale Risiken und Gewalt in den Eltern-Kind-Pass aufzunehmen.

Während der Pandemie sei das Schutznetz um Kinder und Jugendliche "merklich brüchiger geworden", warnte Johanna Zimmerl, Leiterin des möwe-Kinderschutzzentrums in Wien und Vermittlerin für Kinder. In diesem Jahr haben sich rund 1.200 Neukunden in ihrer Einrichtung registriert, ein Viertel mehr als im Jahr 2020. Angesichts der steigenden Nachfrage müsse man sich zunehmend „auf die Kernzielgruppen“ mit Gewalterfahrungen konzentrieren, die Experten müssten „priorisieren“.

Aufgrund der Flickwerkstruktur von Zuschüssen und Konten bei vielen zuständigen Behörden würden zu viele Ressourcen der Kinderschutzzentren in die Verwaltungsarbeit fließen. „Kinderschutz braucht ebenso wie der Opferschutz für Erwachsene ausreichende und nachhaltige Finanzmittel“, forderte Wölfl.

Dringend benötigt wird auch mehr Geld für Gewaltprävention in Bildungseinrichtungen und für Familienbesuche durch frühzeitige Hilfe. Projekte zu Gemeinde- und Schulkrankenschwestern sind sehr unterstützungswürdig. Kindergärten, Schulen und Sportvereine sollten Kinderschutzbeauftragte mit klaren Anweisungen haben.

Viele Kinderschutzzentren können seit diesem Jahr auch Prozessbegleitung für Kinder als Zeugen häuslicher Gewalt anbieten. Sie machen derzeit rund zehn Prozent der Möwe-Prozesse in Wien aus, und diese sind schockierend: „Ein 16-Jähriger, der einen Kampfsportkurs besucht, um seine Mutter vor seinem Vater zu schützen, ein Siebenjähriger, der seinen wischt Mutterblut vom Boden, bevor er zur Schule geht“, berichtet Zimmerl. Die möwe-Zentren betreuen derzeit insgesamt 485 Fälle in der Prozessbegleitung.

rot, wien.ORF.at/Agenturen